Jenseits der aufgeregten und zum Teil unsachlichen Debatte zu den Deutschkenntnissen von Grundschülern kann die SPD-Bundestagsabgeordnete und Kinderärztin Nezahat Baradari aus ihrer beruflichen und persönlichen Erfahrung dazu sagen:
„Selbstverständlich sind ausreichende und gute Deutschkenntnisse für die Schuleignung von Kindern unabdingbar. Daher braucht es mehr vorschulische sprachliche Förderung in der Kita. Das sollte für alle Kinder – unabhängig von ihrer Muttersprache – eine Selbstverständlichkeit sein. Die Grundschulen sind oft aufgrund fehlender Fachkräfte überfordert, den SchülerInnen in den ersten Jahren grundlegende Deutschkenntnisse beizubringen. Das ist auch nicht Aufgabe der Grundschule. Jahrzehnte lang hat man versäumt, Kinder mit Sprachdefiziten – insbesondere bei familiärer Migrationsbiographie – durch entsprechendes Personal und kleine Gruppen in der Kita zu fördern.
Die Forderung von Herrn Linnemann kommt allerdings zu einem Zeitpunkt, zu dem man ihm zu recht Populismus vorwerfen kann. Das Problem unzureichender Deutschkenntnisse von einzuschulenden Kindern ist längst hinlänglich bekannt. Warum hat Herr Linnemann sich denn bisher nicht geäußert? Fakt ist, dass mehr Förderung im Bereich Bildung und vor allem frühkindlicher Bildung notwendig ist. Stattdessen werden die Mittel in der Schulsozialarbeit gekürzt. Dann sollte man sich über die nicht ausreichende Integration und den Sprachstatus dieser Kinder nicht wundern.
Statt Lösungen vorzuschlagen, bedient Herr Linnemann die Ressentiments des rechtsextremen politischen Lagers, z.B. mit dem Begriff ‚Parallelgesellschaften‘.“
Anmerkung: Die SPD-Abgeordnete und Kinderärztin Nezahat Baradari wurde seinerzeit aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse auf der damals so genannten „Sonderschule“ eingeschult und konnte erst später die reguläre Grundschule besuchen.